Reiseerinnerungen Der Storybeutel
Sahelzone im Atlantik Die Kapverdischen Inseln
Eine Nacht in Lissabon - 5. November 1991 Die meisten Leute dürften sich wohl auf ihre Urlaubsreise freuen, die sie gebucht haben und können es kaum erwarten, das es los geht. Ich freute mich nicht. Es war zwar schön endlich mal wieder Urlaub zu haben, doch in den Tagen vor dem 5.November wuchs ein flaues Gefühl im Bauch. Mir war bewusst, ich würde auf dieser Reise wohl oftmals als Depp in der Gegend herumstehen. Die Mentalität der Menschen war mir unbekannt und ich würde mich wohl mit den allermeisten Menschen nicht unterhalten können. Ich stand vor einer Reise, auf der ich mich als "Hilfsbedürftiger" auslieferte, hoffend, das die Leute mir freundlich und hilfsbereit gegenübertreten würden. Doch gehörte nicht gerade das zu den Merkmalen einer Reise für Leute, die nichts so sehr fürchten als in einem Touristengetto eingewattet zu werden - oder wie Unmündige von kundiger Führung an der Hand genommen und durch die Gegend gelotst zu werden? Auf so eine Reise würde ich mich bestimmt nicht freuen, vor allem aber würde ich mich auf der Reise selbst nicht wohl fühlen, denn auch das wusste ich aus Erfahrung, das es geradezu flopp machen würde und das flaue Gefühl würde verschwinden, sobald ich die Bahnhofshalle betreten und damit Straßen und Orte meines Alltages verlassen würde. So war es dann auch! Ich war unterwegs, ich reiste! Alle Überlegungen und Bedenken wichen einer Gelassenheit und Trägheit, gespeist aus schauen und warten. Warten auf den Zug um 9.40 Uhr, schauen aus dem Fenster, auf die graue Novemberlandschaft, warten auf den Start des Flugzeugs um 16.30 Uhr in Frankfurt. Das Ziel für diesen Tag war Lissabon. Während des Fluges ging die ganze Zeit die Sonne unter und erst als die Maschine der TAP in Lissabon landete verschwand sie entgültig für diesen Tag. Auf diesem Linienflug war ich wohl der einzigste Tourist an Bord. Portugal ist im November nun nicht mehr so ein Touristenziel. Dunkel war es, als ich am frühen Abend vor das Flughafengebäude trat. Meine Mitreisenden wurden von Bekannten, von Freunden und Familienmitgliedern empfangen oder sie eilten zielstrebig einem Taxi entgegen oder ihrem irgendwo geparkten Auto. Ich mag es nicht abends anzukommen und schon gar nicht wenn es schon dunkel ist. Abend und Dunkelheit verursachen dann ein Gefühl der Unbehaustheit und drängen dazu möglichst schnell ein Quartier zu suchen. Die beste Ankunftszeit ist früh morgens, vielleicht noch vor Sonnenaufgang. Der ganze Tag liegt dann noch vor mir, es bestehen alle Möglichkeiten, auch die, gleich weiter zu reisen oder aber zu beobachten, wie die Geschäfte geöffnet werden, wie die Leute zur Arbeit eilen oder ihr Frühstück in den Cafes nehmen. Zwei Jahre zuvor war ich in Lissabon schon einmal gewesen - auf der Durchreise nach und von den Azoren. Von daher kannte ich zumindest die Innenstadt und ich wusste wo ein Hotel lag, das mir zusagte. So bestieg ich den Bus, der in das Zentrum fuhr und dann dauerte es auch nicht mehr lange und ich bekam den Schlüssel des Zimmers Nr. 268 vom Hotel Borges in der Rue Garret. Es war das gleiche Zimmer wie zwei Jahre zuvor: ein kleines Zimmer mit schweren, alten Möbel und direkt über dem Café gelegen mit Blick auf die Rue Garret. Das gefiel mir, das Zimmer gefiel mir wie auch die Tatsache, es wieder bekommen zu haben. Nach meiner Erinnerung war es vollkommen unverändert und mir war, als wäre ich nach Hause gekommen, ein nach Hause das "unterwegs auf Reisen" heißt und mir dadurch das Reisen wieder vertraut machte und besser konnte sie nicht beginnen, alle Spannung war verflogen, ich machte mich etwas frisch und lief dann hinaus in die Stadt, genoss die milde Luft eines südeuropäischen Novemberabends und genehmigte mir in dem Lokal unter dem Hotel zwei Biere; dabei beobachtete ich vor allem die jungen Portugiesen bei ihren munteren Unterhaltungen und ich hatte das intensive Gefühl, das es kaum etwas schöneres geben könne als einige Zeit hier zu bleiben, durch die Stadt zu streifen und des Abends in diesem Lokal in der Ecke an dem kleinen Tisch zu sitzen und einfach nur zu schauen und seinen Gedanken freien Lauf nehmen zu lassen.
(c) Klaus Dieter Schley 2005 - 2010
Schnell weg von Sal - 6. November 1991
Reiseerinnerungen Der Storybeutel
Eine Nacht in Lissabon - 5. November 1991 Die meisten Leute dürften sich wohl auf ihre Urlaubsreise freuen, die sie gebucht haben und können es kaum erwarten, das es los geht. Ich freute mich nicht. Es war zwar schön endlich mal wieder Urlaub zu haben, doch in den Tagen vor dem 5.November wuchs ein flaues Gefühl im Bauch. Mir war bewusst, ich würde auf dieser Reise wohl oftmals als Depp in der Gegend herumstehen. Die Mentalität der Menschen war mir unbekannt und ich würde mich wohl mit den allermeisten Menschen nicht unterhalten können. Ich stand vor einer Reise, auf der ich mich als "Hilfsbedürftiger" auslieferte, hoffend, das die Leute mir freundlich und hilfsbereit gegenübertreten würden. Doch gehörte nicht gerade das zu den Merkmalen einer Reise für Leute, die nichts so sehr fürchten als in einem Touristengetto eingewattet zu werden - oder wie Unmündige von kundiger Führung an der Hand genommen und durch die Gegend gelotst zu werden? Auf so eine Reise würde ich mich bestimmt nicht freuen, vor allem aber würde ich mich auf der Reise selbst nicht wohl fühlen, denn auch das wusste ich aus Erfahrung, das es geradezu flopp machen würde und das flaue Gefühl würde verschwinden, sobald ich die Bahnhofshalle betreten und damit Straßen und Orte meines Alltages verlassen würde. So war es dann auch! Ich war unterwegs, ich reiste! Alle Überlegungen und Bedenken wichen einer Gelassenheit und Trägheit, gespeist aus schauen und warten. Warten auf den Zug um 9.40 Uhr, schauen aus dem Fenster, auf die graue Novemberlandschaft, warten auf den Start des Flugzeugs um 16.30 Uhr in Frankfurt. Das Ziel für diesen Tag war Lissabon. Während des Fluges ging die ganze Zeit die Sonne unter und erst als die Maschine der TAP in Lissabon landete verschwand sie entgültig für diesen Tag. Auf diesem Linienflug war ich wohl der einzigste Tourist an Bord. Portugal ist im November nun nicht mehr so ein Touristenziel. Dunkel war es, als ich am frühen Abend vor das Flughafengebäude trat. Meine Mitreisenden wurden von Bekannten, von Freunden und Familienmitgliedern empfangen oder sie eilten zielstrebig einem Taxi entgegen oder ihrem irgendwo geparkten Auto. Ich mag es nicht abends anzukommen und schon gar nicht wenn es schon dunkel ist. Abend und Dunkelheit verursachen dann ein Gefühl der Unbehaustheit und drängen dazu möglichst schnell ein Quartier zu suchen. Die beste Ankunftszeit ist früh morgens, vielleicht noch vor Sonnenaufgang. Der ganze Tag liegt dann noch vor mir, es bestehen alle Möglichkeiten, auch die, gleich weiter zu reisen oder aber zu beobachten, wie die Geschäfte geöffnet werden, wie die Leute zur Arbeit eilen oder ihr Frühstück in den Cafes nehmen. Zwei Jahre zuvor war ich in Lissabon schon einmal gewesen - auf der Durchreise nach und von den Azoren. Von daher kannte ich zumindest die Innenstadt und ich wusste wo ein Hotel lag, das mir zusagte. So bestieg ich den Bus, der in das Zentrum fuhr und dann dauerte es auch nicht mehr lange und ich bekam den Schlüssel des Zimmers Nr. 268 vom Hotel Borges in der Rue Garret. Es war das gleiche Zimmer wie zwei Jahre zuvor: ein kleines Zimmer mit schweren, alten Möbel und direkt über dem Café gelegen mit Blick auf die Rue Garret. Das gefiel mir, das Zimmer gefiel mir wie auch die Tatsache, es wieder bekommen zu haben. Nach meiner Erinnerung war es vollkommen unverändert und mir war, als wäre ich nach Hause gekommen, ein nach Hause das "unterwegs auf Reisen" heißt und mir dadurch das Reisen wieder vertraut machte und besser konnte sie nicht beginnen, alle Spannung war verflogen, ich machte mich etwas frisch und lief dann hinaus in die Stadt, genoss die milde Luft eines südeuropäischen Novemberabends und genehmigte mir in dem Lokal unter dem Hotel zwei Biere; dabei beobachtete ich vor allem die jungen Portugiesen bei ihren munteren Unterhaltungen und ich hatte das intensive Gefühl, das es kaum etwas schöneres geben könne als einige Zeit hier zu bleiben, durch die Stadt zu streifen und des Abends in diesem Lokal in der Ecke an dem kleinen Tisch zu sitzen und einfach nur zu schauen und seinen Gedanken freien Lauf nehmen zu lassen.
Sahelzone im Atlantik Die Kapverdischen Inseln
(c) Klaus Dieter Schley 2005 - 2010
Schnell weg von Sal - 6. November 1991