Reiseerinnerungen Der Storybeutel
Sahelzone im Atlantik Die Kapverdischen Inseln
Assomada der zweite Versuch - 13. November 1991 Wieder fuhr ich mit dem Alluga nach Assomada um Geld zu wechseln. Um meine Rechnung in der Pension zahlen zu können war das unbedingt notwendig. Als ich die Bank erreichte, standen die Menschen in zwei Schlangen vor den beiden Schaltern bis auf die Straße. Deshalb ging ich zunächst los um das Postamt zu suchen, denn zwischenzeitlich hatte ich nicht nur Briefmarken, sondern sogar Ansichtskarten (in der Pension) aufgetrieben. Doch das Postamt fand ich nicht, die Leute konnten mir nicht helfen, sie schauten die Karten sehr neugierig und interessiert an und meinten, im nächsten Ort, einem kleinen Vorort, wäre es wahrscheinlich möglich sie aufzugeben. Eine Auskunft, die mich sehr verwunderte, und die in mir den Eindruck verstärkte, mal wieder nichts verstanden zu haben. Als ich zur Bank zurückkehrte, sah ich, das meine Spekulation nicht aufgegangen war: die beiden Schlangen vor der Bank wurden nicht kürzer. Vor allem Frauen standen an und warteten darauf, das sie an die Reihe kamen. Also stellte ich mich auch an und beobachtete das Geschehen. Wurde hier eine staatliche Unterstützung ausgezahlt oder gab es für irgendeine (Feld-) Arbeit den Lohn, wie ich glaubte verstanden zu haben. Nachdem der Name der Frau in einer etwas abgegriffenen Kladde gefunden wurde, wurde ihr ein Betrag ausgezahlt der bei allen in etwa gleich groß war. Dann „unterschrieben“ sie mit einem Fingerabdruck. Rund eine dreiviertel Stunde dauerte es, bis ich an die Reihe kam. Die Kladde wurde zur Seite geschoben, ein einfacher Tischrechner wurde herangeholt, als ich meinen Pass und das zu wechselnde Geld vorlegte. Die mir auszuzahlende Summe wurde mehrmals nachgerechnet und dann bekam ich einen Kugelschreiber ausgehändigt um zu quittieren. Die Summe, die mir ausgezahlt wurde war deutlich höher als die bei den Frauen. Diesmal wollte ich zur Pension zu Fuß zurück laufen. In dem besagten Vorort fand ich auch die Poststelle. Der Schalterraum war sauber eingerichtet und die Frau hinter dem Schalter schaute die Karten wieder interessiert an, wollte sie aber nicht annehmen. Soweit ich ihre Auskunft verstand, wäre für derartiges die Poststelle in Assomada zuständig. Ein herrliches Problem: entweder waren Ansichtskarten derartig exotisch, das sie nicht als Postsendungen anerkannt wurden oder meine unzureichenden Sprachkenntnisse verursachten Missverständnisse die ich nicht erkannte und auf die ich falsch reagierte. Die Karten steckte ich ein, notfalls könnte ich sie ja auch in Lissabon oder in Deutschland aufgeben und in Zukunft würde ich niemandem mehr versprechen eine Ansichtskarte zu schicken. Die Wanderung machte Spaß, ich kam zügig voran und erreichte am frühen Nachmittag meine Unterkunft. Zum Abend ging ich wieder zu der alten Terrasse und genoss die dämmerige Stimmung. Die Vögel zwitscherten, aus dem Tal erklangen in der Ferne die Stimmen spielender Kinder und irgendwo in den Bergen wurde Mais gestampft. Das einfache, aber beschwerliche Leben der Menschen verbreitete eine Atmosphäre einer in sich ruhenden, friedlichen Welt. Doch diese Empfindung verwirrte mich: ich musste an Tonis Bruder denken, dessen sehnlichster Wunsch es war nach Europa oder Nordamerika zu gelangen um ein besseres Leben führen zu können. Was man sieht und wahrnimmt ist lange nicht das, was tatsächlich ist. Ich war hier ein Tourist, ein sehr sehr reicher Mensch.
Pico de Antonia
(c) Klaus Dieter Schley 2005 - 2010
Der letzte Tag in Sao Jorge dos Orgaos - 14. November 1991
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Assomada der zweite Versuch - 13. November 1991 Wieder fuhr ich mit dem Alluga nach Assomada um Geld zu wechseln. Um meine Rechnung in der Pension zahlen zu können war das unbedingt notwendig. Als ich die Bank erreichte, standen die Menschen in zwei Schlangen vor den beiden Schaltern bis auf die Straße. Deshalb ging ich zunächst los um das Postamt zu suchen, denn zwischenzeitlich hatte ich nicht nur Briefmarken, sondern sogar Ansichtskarten (in der Pension) aufgetrieben. Doch das Postamt fand ich nicht, die Leute konnten mir nicht helfen, sie schauten die Karten sehr neugierig und interessiert an und meinten, im nächsten Ort, einem kleinen Vorort, wäre es wahrscheinlich möglich sie aufzugeben. Eine Auskunft, die mich sehr verwunderte, und die in mir den Eindruck verstärkte, mal wieder nichts verstanden zu haben. Als ich zur Bank zurückkehrte, sah ich, das meine Spekulation nicht aufgegangen war: die beiden Schlangen vor der Bank wurden nicht kürzer. Vor allem Frauen standen an und warteten darauf, das sie an die Reihe kamen. Also stellte ich mich auch an und beobachtete das Geschehen. Wurde hier eine staatliche Unterstützung ausgezahlt oder gab es für irgendeine (Feld-) Arbeit den Lohn, wie ich glaubte verstanden zu haben. Nachdem der Name der Frau in einer etwas abgegriffenen Kladde gefunden wurde, wurde ihr ein Betrag ausgezahlt der bei allen in etwa gleich groß war. Dann „unterschrieben“ sie mit einem Fingerabdruck. Rund eine dreiviertel Stunde dauerte es, bis ich an die Reihe kam. Die Kladde wurde zur Seite geschoben, ein einfacher Tischrechner wurde herangeholt, als ich meinen Pass und das zu wechselnde Geld vorlegte. Die mir auszuzahlende Summe wurde mehrmals nachgerechnet und dann bekam ich einen Kugelschreiber ausgehändigt um zu quittieren. Die Summe, die mir ausgezahlt wurde war deutlich höher als die bei den Frauen. Diesmal wollte ich zur Pension zu Fuß zurück laufen. In dem besagten Vorort fand ich auch die Poststelle. Der Schalterraum war sauber eingerichtet und die Frau hinter dem Schalter schaute die Karten wieder interessiert an, wollte sie aber nicht annehmen. Soweit ich ihre Auskunft verstand, wäre für derartiges die Poststelle in Assomada zuständig. Ein herrliches Problem: entweder waren Ansichtskarten derartig exotisch, das sie nicht als Postsendungen anerkannt wurden oder meine unzureichenden Sprachkenntnisse verursachten Missverständnisse die ich nicht erkannte und auf die ich falsch reagierte. Die Karten steckte ich ein, notfalls könnte ich sie ja auch in Lissabon oder in Deutschland aufgeben und in Zukunft würde ich niemandem mehr versprechen eine Ansichtskarte zu schicken. Die Wanderung machte Spaß, ich kam zügig voran und erreichte am frühen Nachmittag meine Unterkunft. Zum Abend ging ich wieder zu der alten Terrasse und genoss die dämmerige Stimmung. Die Vögel zwitscherten, aus dem Tal erklangen in der Ferne die Stimmen spielender Kinder und irgendwo in den Bergen wurde Mais gestampft. Das einfache, aber beschwerliche Leben der Menschen verbreitete eine Atmosphäre einer in sich ruhenden, friedlichen Welt. Doch diese Empfindung verwirrte mich: ich musste an Tonis Bruder denken, dessen sehnlichster Wunsch es war nach Europa oder Nordamerika zu gelangen um ein besseres Leben führen zu können. Was man sieht und wahrnimmt ist lange nicht das, was tatsächlich ist. Ich war hier ein Tourist, ein sehr sehr reicher Mensch.
Sahelzone im Atlantik Die Kapverdischen Inseln Pico de Antonia
(c) Klaus Dieter Schley 2005 - 2010
Der letzte Tag in Sao Jorge dos Orgaos - 14. November 1991