Reiseerinnerungen Der Storybeutel
Sahelzone im Atlantik Die Kapverdischen Inseln
22. November 1991 - Von Tarrafal zur Insel Sal Schon um kurz nach acht Uhr ging ich rüber ins Esplanada zum Frühstücken. Ich war früh aufgestanden und hatte meine Sachen gepackt; mich würde der große Dicke nicht aus dem Bett trommeln, sollten meine Nachmieter schon anreisen. Zum letzten mal genoss ich von dem Terrassenrestaurant die Aussicht über die Bucht und das Meer bei klarem Sonnenschein. Dann holte ich meinen Rucksack, gab den Schlüssel vom Bungalow ab und erwischte auch bald einen Aluguer nach Assomada. Dort dauerte der Aufenthalt nicht nicht lange und wieder saß ich neben dem Fahrer. Ich war immer ein "besonderer Gast" unter den Fahrgästen und wurde fast immer neben dem Fahrer gesetzt. Die Stimmung in dem Sammeltaxi war super. Im Radio wurde flotte afrikanische Musik gespielt, der Fahrer war gut drauf, machte Witze, die Leute spaßten und lachten. Im feinsten sonnigen Glitzerlicht zeigte sich die Landschaft und flott ging es auf Praia zu. Plötzlich geschah etwas, das ich nicht sogleich mitbekam: ich spürte nur wie dem Fahrer die gute Laune verflog als hätte jemand bei ihm einen Schalter umgelegt. Und dann sah ich es, das UFO, es musste ein UFO sein, das an uns vorbeischwebte, zumindest war es die Polizei, die uns überholte und die Kelle rausstreckte, die deutsche Polizei überholte uns, ein grün-weißer Wagen wie sie in Niedersachsen zu jener Zeit alltäglich waren und ich dachte, ich sehe nicht richtig. Wir hielten und dem vor uns parkenden deutschen Polizeiwagen entstiegen zwei capverdische Polizisten. Nun fiel mir auch das ganz anders geartete Kennzeichen auf. Also kein UFO sondern nur der Segen deutscher Entwicklungshilfe breitete sich in Form eines saftigen Strafmandates über unseren Fahrer aus. Wegen zu hoher Geschwindigkeit, wie mir später ein Fahrgast erklärte. Das Bußgeld war so hoch, das es den Einnahmen eines guten Tages für unseren Fahrer entsprach. Und der Tag war noch lang und es war ja auch noch nicht sicher ob es ein guter Tag werden würde - was die Einnahmen betraf. Wen sollte es wundern, das für die restlichen Kilometer bis in die Innenstadt von Praia die Stimmung total anders war. Das Radio blieb ausgeschaltet, der Fahrer zog ein Gesicht, so lang, das es bis zum Gaspedal reichte und die anderen Fahrgäste schwiegen oder murmelten nur verhalten. Selbst die Sonne ließ nichts mehr glitzern, zumal wir durch die staubigen Vorstadtstraßen fuhren. Ich war dann auch froh aussteigen zu können. Die Fahrt war damit für mich eine Episode, nun stand spannendes an, nämlich die Frage, wann ich wohl nach Sal weiter reisen könnte - und das möglichst schnell, denn auf Praia hatte ich absolut keine Lust mehr. Das Büro der TACV fand ich schnell. Eine junge Frau empfing mich am Schalter freundlich lächelnd und nahm meinen Wunsch, einen Platz im nächsten Flieger nach Sal, wohlwollend auf, schaute auf ihren Computerbildschirm, tippte auch etwas in die Tastatur, zuckte dann aber mit den Schultern und erklärte im besten Englisch, dass das Buchungssystem derzeit leider nicht funktioniert und ich in ein bis zwei Stunden noch einmal wiederkommen solle - eher zwei Stunden. Run and stop, run and stop: so funktioniert reisen. Bislang lief alles nach dem Prinzip run, nun war wieder ein stop eingetreten und ich wusste, die nächsten ein bis zwei Stunden würden lang werden. Ich entschied mich ein Bier trinken zu gehen. Zu diesem Zweck lief ich auf den Platz des 12.September und im Unterbewusstsein hatte ich es die ganze Zeit schon geahnt, mein Schatten war plötzlich wieder da. Toni freute sich mich wieder zu sehen, ich nicht so sehr, aber zunächst tranken wir ein Bier (das ich ausgab). Ich erzählte wo ich gewesen war und wo ich hinwollte und sofort. Zumindest verging so die erste Stunde und nun drängte ich wieder zu TACV zu gehen. Toni kam natürlich mit. An dem Schalter saß nun eine andere Frau. Die verstand nicht ein Wort Englisch und als ich mit meinem Portugisisch nichts erreichte, weil wohl alles nicht stimmte was ich zu sagen versuchte und antwortete trat mein Schatten hervor und übersetzte. Der Buchungscomputer war noch immer abgeschmiert. Wir sollten warten. Toni meinte, so sei das hier auf den Capverden, es funktioniere halt nichts. Neben dem Eingang war eine Bank auf der wir uns setzten. Ich war unruhig, ich wollte weg und wenn's mit Sal nicht klappen würde wollte ich auf eine andere Insel, nur nicht in Praia bleiben. Die Zeit verrann, es tat sich nichts. Immer wieder drängte ich Toni nachzufragen und er meinte immer wieder nur, wir müssten warten. Rund eine Stunde dauerte es und dann lief der Computer wieder und ich bekam ein Ticket für einen Flug nach Sal - aber keinen Platz. Ich bezahlte das Ticket und Toni meinte, ganz schön teuer, Einheimische würden deutlich weniger zahlen aber das war mir nun egal. Wir mussten zum Flughafen, denn erst dort würde ich erfahren ob ein Platz in der letzten Maschine für heute nach Sal frei wäre. Das Taxi kostete 100 ESC. Toni war natürlich mitgekommen. Deswegen hatte das Taxi wohl auch nur 100 ESC gekostet und nicht 500 wie bei meiner Anreise. Ich ahnte ja damals schon von dem jungen, eifrigen Mann übers Ohr gehauen worden zu sein. Noch eher wir das Flughafengebäude betraten kam Toni auf sein Anliegen zu sprechen: natürlich, er brauchte Geld - ob ich ihm nicht etwas geben könnte. Ich gab ihm nach einigem herumdrucksen 500 ESC, er "brauchte eigentlich mehr, aber das wäre auch ok". Die Fluggäste waren schon dabei einzuchecken, genauer sie waren damit schon fast fertig. Der Mann hinter dem Schalter sagte, ich solle warten. Obwohl der Mann englisch sprach drängte sich Toni zu verhandeln. Es wäre noch nicht sicher ob ein Platz frei wäre, weil die Maschine eigentlich ausgebucht sei. Toni meinte, wir könnten ja ein bisschen herumlaufen anstatt hier vor dem Schalter zu stehen. Es sei noch Zeit genug. Um 15.00 Uhr ging die Maschine und es war ca. zwanzig vor. Nun begann ein Tauziehen zwischen Toni und mir. Zu diesem Zeitpunkt war mir das nicht ganz klar, aber mein Schatten hätte es wohl gerne gesehen, wenn ich die Maschine nicht bekommen würde. Und wer weis, was er mit dem Mann hinter dem Schalter geredet hatte. Zwar hatte ich ein bezahltes Ticket, aber das war ohne Flugdaten, es war offen, ich hätte ja auch damit am nächsten oder übernächsten Tag fliegen können. Nun wurde ich aber langsam nervös und drängte zum Schalter zumal der Flug aufgerufen wurde. Der gute Mann dahinter erzählte etwas, das wie Pause klang was meiner Nervosität weitere Nahrung gab, dem Schaltermann aber Tippbewgungen auf der Tastatur abrang und dann grinste er, was für ein Glück, da wäre noch ein Platz frei! Ok - nehm ich, klar. Aber ich müsse mich beeilen, sehr beeilen, die Maschine wäre schon startbereit und mit Blick auf meinen Rucksack sagte er, der müsse hier bleiben, zu spät, würde mit der nächsten Maschine nachgeschickt. Eilig verabschiedete ich mich von Toni, rannte zur Maschine, die Motoren der beiden Propeller liefen schon und dann stellte ich fest, es waren noch mehrere Plätze frei. Vom Flughafen in Sal bis zum Ort Espargos sind es rund zwei Kilometer. Ich hatte keine Lust Taxi zu fahren, ich wollte laufen zumal ich ja auch kein Gepäck hatte. Mein Ziel war das Hotel Atlantico. Früher war es eine Kaserne, infolge der modernen Flughafenanlage wurde es hauptsächlich zu einer Unterkunft für die Flugbesatzungen. Nur weil ich wusste, dass das Hotel aus Baracken bestand - im Kasernenstiehl - habe ich es gefunden. Ein Schild, ein Hinweis hatte es nicht. Mit Frühstück kostete das angenehm eingerichtete Zimmer 2200 ESC pro Nacht. Einige Teile der Anlage wurden modernisiert und wahrscheinlich ist es inzwischen wirklich zu einem richtigen Hotel geworden. Mein Gepäck fehlte mir: ich hatte nichts zu lesen, keine Zahnbürste, nichts zum umziehen. An diesem Abend bin ich früh schlafen gegangen.
Hotel Atlantic Espargos auf Sal Hotel Atlantico
(c) Klaus Dieter Schley 2005 - 2010
23. November 1991 - Palmeira auf Sal
Reiseerinnerungen Der Storybeutel
22. November 1991 - Von Tarrafal zur Insel Sal Schon um kurz nach acht Uhr ging ich rüber ins Esplanada zum Frühstücken. Ich war früh aufgestanden und hatte meine Sachen gepackt; mich würde der große Dicke nicht aus dem Bett trommeln, sollten meine Nachmieter schon anreisen. Zum letzten mal genoss ich von dem Terrassenrestaurant die Aussicht über die Bucht und das Meer bei klarem Sonnenschein. Dann holte ich meinen Rucksack, gab den Schlüssel vom Bungalow ab und erwischte auch bald einen Aluguer nach Assomada. Dort dauerte der Aufenthalt nicht nicht lange und wieder saß ich neben dem Fahrer. Ich war immer ein "besonderer Gast" unter den Fahrgästen und wurde fast immer neben dem Fahrer gesetzt. Die Stimmung in dem Sammeltaxi war super. Im Radio wurde flotte afrikanische Musik gespielt, der Fahrer war gut drauf, machte Witze, die Leute spaßten und lachten. Im feinsten sonnigen Glitzerlicht zeigte sich die Landschaft und flott ging es auf Praia zu. Plötzlich geschah etwas, das ich nicht sogleich mitbekam: ich spürte nur wie dem Fahrer die gute Laune verflog als hätte jemand bei ihm einen Schalter umgelegt. Und dann sah ich es, das UFO, es musste ein UFO sein, das an uns vorbeischwebte, zumindest war es die Polizei, die uns überholte und die Kelle rausstreckte, die deutsche Polizei überholte uns, ein grün-weißer Wagen wie sie in Niedersachsen zu jener Zeit alltäglich waren und ich dachte, ich sehe nicht richtig. Wir hielten und dem vor uns parkenden deutschen Polizeiwagen entstiegen zwei capverdische Polizisten. Nun fiel mir auch das ganz anders geartete Kennzeichen auf. Also kein UFO sondern nur der Segen deutscher Entwicklungshilfe breitete sich in Form eines saftigen Strafmandates über unseren Fahrer aus. Wegen zu hoher Geschwindigkeit, wie mir später ein Fahrgast erklärte. Das Bußgeld war so hoch, das es den Einnahmen eines guten Tages für unseren Fahrer entsprach. Und der Tag war noch lang und es war ja auch noch nicht sicher ob es ein guter Tag werden würde - was die Einnahmen betraf. Wen sollte es wundern, das für die restlichen Kilometer bis in die Innenstadt von Praia die Stimmung total anders war. Das Radio blieb ausgeschaltet, der Fahrer zog ein Gesicht, so lang, das es bis zum Gaspedal reichte und die anderen Fahrgäste schwiegen oder murmelten nur verhalten. Selbst die Sonne ließ nichts mehr glitzern, zumal wir durch die staubigen Vorstadtstraßen fuhren. Ich war dann auch froh aussteigen zu können. Die Fahrt war damit für mich eine Episode, nun stand spannendes an, nämlich die Frage, wann ich wohl nach Sal weiter reisen könnte - und das möglichst schnell, denn auf Praia hatte ich absolut keine Lust mehr. Das Büro der TACV fand ich schnell. Eine junge Frau empfing mich am Schalter freundlich lächelnd und nahm meinen Wunsch, einen Platz im nächsten Flieger nach Sal, wohlwollend auf, schaute auf ihren Computerbildschirm, tippte auch etwas in die Tastatur, zuckte dann aber mit den Schultern und erklärte im besten Englisch, dass das Buchungssystem derzeit leider nicht funktioniert und ich in ein bis zwei Stunden noch einmal wiederkommen solle - eher zwei Stunden. Run and stop, run and stop: so funktioniert reisen. Bislang lief alles nach dem Prinzip run, nun war wieder ein stop eingetreten und ich wusste, die nächsten ein bis zwei Stunden würden lang werden. Ich entschied mich ein Bier trinken zu gehen. Zu diesem Zweck lief ich auf den Platz des 12.September und im Unterbewusstsein hatte ich es die ganze Zeit schon geahnt, mein Schatten war plötzlich wieder da. Toni freute sich mich wieder zu sehen, ich nicht so sehr, aber zunächst tranken wir ein Bier (das ich ausgab). Ich erzählte wo ich gewesen war und wo ich hinwollte und sofort. Zumindest verging so die erste Stunde und nun drängte ich wieder zu TACV zu gehen. Toni kam natürlich mit. An dem Schalter saß nun eine andere Frau. Die verstand nicht ein Wort Englisch und als ich mit meinem Portugisisch nichts erreichte, weil wohl alles nicht stimmte was ich zu sagen versuchte und antwortete trat mein Schatten hervor und übersetzte. Der Buchungscomputer war noch immer abgeschmiert. Wir sollten warten. Toni meinte, so sei das hier auf den Capverden, es funktioniere halt nichts. Neben dem Eingang war eine Bank auf der wir uns setzten. Ich war unruhig, ich wollte weg und wenn's mit Sal nicht klappen würde wollte ich auf eine andere Insel, nur nicht in Praia bleiben. Die Zeit verrann, es tat sich nichts. Immer wieder drängte ich Toni nachzufragen und er meinte immer wieder nur, wir müssten warten. Rund eine Stunde dauerte es und dann lief der Computer wieder und ich bekam ein Ticket für einen Flug nach Sal - aber keinen Platz. Ich bezahlte das Ticket und Toni meinte, ganz schön teuer, Einheimische würden deutlich weniger zahlen aber das war mir nun egal. Wir mussten zum Flughafen, denn erst dort würde ich erfahren ob ein Platz in der letzten Maschine für heute nach Sal frei wäre. Das Taxi kostete 100 ESC. Toni war natürlich mitgekommen. Deswegen hatte das Taxi wohl auch nur 100 ESC gekostet und nicht 500 wie bei meiner Anreise. Ich ahnte ja damals schon von dem jungen, eifrigen Mann übers Ohr gehauen worden zu sein. Noch eher wir das Flughafengebäude betraten kam Toni auf sein Anliegen zu sprechen: natürlich, er brauchte Geld - ob ich ihm nicht etwas geben könnte. Ich gab ihm nach einigem herumdrucksen 500 ESC, er "brauchte eigentlich mehr, aber das wäre auch ok". Die Fluggäste waren schon dabei einzuchecken, genauer sie waren damit schon fast fertig. Der Mann hinter dem Schalter sagte, ich solle warten. Obwohl der Mann englisch sprach drängte sich Toni zu verhandeln. Es wäre noch nicht sicher ob ein Platz frei wäre, weil die Maschine eigentlich ausgebucht sei. Toni meinte, wir könnten ja ein bisschen herumlaufen anstatt hier vor dem Schalter zu stehen. Es sei noch Zeit genug. Um 15.00 Uhr ging die Maschine und es war ca. zwanzig vor. Nun begann ein Tauziehen zwischen Toni und mir. Zu diesem Zeitpunkt war mir das nicht ganz klar, aber mein Schatten hätte es wohl gerne gesehen, wenn ich die Maschine nicht bekommen würde. Und wer weis, was er mit dem Mann hinter dem Schalter geredet hatte. Zwar hatte ich ein bezahltes Ticket, aber das war ohne Flugdaten, es war offen, ich hätte ja auch damit am nächsten oder übernächsten Tag fliegen können. Nun wurde ich aber langsam nervös und drängte zum Schalter zumal der Flug aufgerufen wurde. Der gute Mann dahinter erzählte etwas, das wie Pause klang was meiner Nervosität weitere Nahrung gab, dem Schaltermann aber Tippbewgungen auf der Tastatur abrang und dann grinste er, was für ein Glück, da wäre noch ein Platz frei! Ok - nehm ich, klar. Aber ich müsse mich beeilen, sehr beeilen, die Maschine wäre schon startbereit und mit Blick auf meinen Rucksack sagte er, der müsse hier bleiben, zu spät, würde mit der nächsten Maschine nachgeschickt. Eilig verabschiedete ich mich von Toni, rannte zur Maschine, die Motoren der beiden Propeller liefen schon und dann stellte ich fest, es waren noch mehrere Plätze frei. Vom Flughafen in Sal bis zum Ort Espargos sind es rund zwei Kilometer. Ich hatte keine Lust Taxi zu fahren, ich wollte laufen zumal ich ja auch kein Gepäck hatte. Mein Ziel war das Hotel Atlantico. Früher war es eine Kaserne, infolge der modernen Flughafenanlage wurde es hauptsächlich zu einer Unterkunft für die Flugbesatzungen. Nur weil ich wusste, dass das Hotel aus Baracken bestand - im Kasernenstiehl - habe ich es gefunden. Ein Schild, ein Hinweis hatte es nicht. Mit Frühstück kostete das angenehm eingerichtete Zimmer 2200 ESC pro Nacht. Einige Teile der Anlage wurden modernisiert und wahrscheinlich ist es inzwischen wirklich zu einem richtigen Hotel geworden. Mein Gepäck fehlte mir: ich hatte nichts zu lesen, keine Zahnbürste, nichts zum umziehen. An diesem Abend bin ich früh schlafen gegangen.
Sahelzone im Atlantik Die Kapverdischen Inseln Hotel Atlantic Espargos auf Sal Hotel Atlantico
(c) Klaus Dieter Schley 2005 - 2010
23. November 1991 - Palmeira auf Sal